Donnerstag, 28. Oktober 2010

Aktionen gegen Naziaufmarsch in München am 13.11.2010

 Es ist einiges los:

Stadtrat beschließt Aufruf gegen rechtsextremen „Heldengedenkmarsch“

(28.10.2010) Auf einen gemeinsamen Antrag von SPD, CSU, Bündnis 90/ Die Grünen/Rosa Liste, FDP, die Linke, ÖDP, Bayernpartei und Freie Wähler hin ruft die Vollversammlung des Münchner Stadtrats die Münchnerinnen und Münchner dazu auf, sich am 13. November an der Gegendemonstration gegen den von Rechtsextremisten geplanten „Heldengedenkmarsch“ zu beteiligen. Die bei nur einer Gegenstimme beschlossene Resolution hat folgenden Wortlaut:
„Am Samstag, 13.11.2010, veranstalten Rechtsextremisten zum dritten Mal in Folge einen ,Heldengedenkmarsch’ durch die Münchner Innenstadt. Der Münchner Stadtrat ruft deshalb alle Münchnerinnen und Münchner dazu auf, sich am 13. November um 12 Uhr am Sendlinger Tor an der Gegenkundgebung zu beteiligen. München steht als ehemalige ,Hauptstadt der Bewegung’ zu seiner historischen Verantwortung. Die Münchner Zivilgesellschaft wird den rechtsextremen, ausländerfeindlichen und antisemitischen Kräften zeigen, dass für sie kein Platz in dieser Stadt ist und sie hier nicht widerspruchslos ihr Unwesen treiben können.
Bei dem ,Heldengedenkmarsch’ handelt es sich um eine Reinszenierung des von den Nationalsozialisten 1934 zum staatlichen Feiertag erklärten ,Heldengedenktags’, mit der die NS-Gewalt- und Willkürherrschaft verherrlicht werden soll. Versucht wird so, eine neue rechtsextreme „Tradition“ in München zu etablieren. Dies darf nicht gelingen! Rassistische Ausgrenzung und Gewaltverherrlichung in unserer bunten, demokratischen und freiheitlichen Stadt nehmen wir nicht hin. Gerade auf die Vielfalt, Weltoffenheit und Toleranz in unserer Stadt sind wir besonders stolz.“
Muenchen.de

Antifaschist_innen rufen zu einer Neuaflage des schon 2009 durchgeführten "Antifa-Actionday" (Start mit einer Antifa-Demo um 10.30 Uhr, Platz der Opfer des Nationalsozialismus) auf und informieren darüber auf www.actionday.tk Es gibt dazu einen Kurzaufruf des für den Actionday gebildeten Bündnisses und einen ausführlichen inhaltlichen Beitrag der Antifa NT.

Die KZ-Überlebenden Ernst Grube, Werner Grube, Lina Haag, Martin Löwenberg, Dr. h.c. Max Mannheimer und Hans Taschner rufen seit dem 11. Oktober 2010 gemeinsam zur Verhinderung des Naziaufmarsches auf:

"Stellen wir uns den Neonazis am 13. November 2010 gemeinsam und gewaltfrei entgegen.
Mit einem Aufmarsch und mehreren Kundgebungen wollen die Neonazis am 13. November den Volkstrauertag in einen NS-Heldengedenktag umwandeln und wieder ihre menschenfeindlichen Ziele, die sich an der verbrecherischen Ideologie und Politik der Nazis ausrichten, propagieren.
Das dürfen wir nicht zulassen!
Naziaufmärsche sind eine Verhöhnung aller Überlebenden Opfer des Naziregimes und aller Opfer neonazistischer Gewalt in der Bundesrepublik.
Wir Überlebenden der Konzentrationslager rufen alle Münchner Bürgerinnen und Bürger auf: Was am 8. Mai 2010 den Münchnerinnen und Münchnern in Fürstenried gelungen ist, müssen wir auch am 13. November erreichen. Den Aufmarsch der Neonazis verhindern."

www.muenchen-ist-bunt.de

 München ist bunt!

Kulturfest gegen den Nazi-Aufmarsch am 13. November 2010!
Liebe Bürgerinnen und Bürger unseres Stadtbezirks sowie Vereine, Kirchen, Schulen, und alle anderen Institutionen,

am 13. November 2010 will die neonazistische Vereinigung der "Freien Nationalisten" durch die Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt ziehen.

Der Bezirksausschuss will dem nicht tatenlos zusehen und wird zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern zeigen, dass München bunt ist und nazifrei bleiben muss. Gerade unser Viertel lebt von seiner Vielfalt, Offenheit und Toleranz.

Wir wollen ein breites Bündnis aus Bürgerinnen und Bürgern, Kirchen, Gewerkschaften, Schulen, Vereinen, Bürgerinitiativen und anderen Einrichtungen aus unserem Stadtteil bilden, das sich dem braunen Spuk entgegenstellt.

Machen auch Sie mit, damit es keinen Platz für braune Propaganda auf unseren Straßen gibt.

Es gibt vielfältige Möglichkeiten sich einzubringen:

- Unterzeichnen Sie unseren Aufruf unter www.muenchen-ist-bunt.de/liste 

- Sie sind herzlich eingeladen, sich bei unserem Kulturfest einzubringen (z.B. durch eigenen Infotisch; Präsentation ihrer Einrichtung; Einlagen und Performances die zeigen, wie bunt unser Viertel ist, etc.). Kommen Sie hierfür am 20. Oktober 2010 um 19:00 Uhr zu unserer Informations- und Koordinationsveranstaltung in den großen Saal des Zunfthauses. Dort können Sie sich mit ihren Ideen und Vorschlägen einbringen! Wir werden Ihnen außerdem unser bisheriges Bündnis und das geplante Programm vorstellen. Wenn Sie schon vorher Ideen oder Anregungen haben, schreiben Sie eine Email an: mach.mit@muenchen-ist-bunt.de.

- Kommen Sie am 13. November 2010 um 12:00 Uhr zu unserem großen Kulturfest des Bezirksausschusses "München ist bunt! Gesicht zeigen für die Erinnerung und gegen neonazistische Propaganda" am Sendlinger Tor Platz (vor St. Matthäus Kirche).

- Leiten Sie unseren Aufruf und die Einladung für das Kulturfest am 13. November 2010 an interessierte Kreise weiter.

Zusammen können wir es schaffen, dass für braune Propaganda kein Platz auf unseren Straßen ist!

Mit freundlichen Grüßen
Alexander Miklosy
Vorsitzender des Bezirksausschusses 2 Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt
Textquelle: muenchen-ist-bunt.de

Am 13. November 2010 will die neonazistische Vereinigung der "Freien Nationalisten" durch die Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt ziehen. Der Bezirksausschuss will dem nicht tatenlos zusehen und wird zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern zeigen, dass München bunt ist und nazifrei bleiben muss.
Alle Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, das Kulturfest mitzugestalten.

Bis zur Informationsveranstaltung am 20. Oktober 2010 stehen nur einige Eckpunkte. Danach wird das Programm nach und nach ergänzt.

Planungen zum Kulturfest gegen den Naziaufmarsch am 13. November 2010:

Kundgebung am Sendlinger Tor
12.00 - 13.30 Uhr
*verschiedene Redner (u.a. Christian Ude - angefragt, Alexander Miklosy, BA-Vorsitzender Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, Martin Löwenberg (KZ-Überlebender)
*verschiedene Bands

GAP, Goethestraße
14.00 - 18.00 Uhr
*verschiedene Bands
*Lesungen
*memory loops
*Kabarett
*und ähnliches

Infotische von Vereinen aus dem Viertel
14.00 - 18.00 Uhr
*Büchertische
*Musik
*Tanz
*aus möglichst vielen verschiedenen Kulturen

Vereine, die sich beim Kulturfest präsentieren möchten, können Ihre Ideen senden an: mach.mit@muenchen-ist-bunt.de

Oder/und kommen zur Infoveranstaltung:
Mittwoch, 20. Oktober 2010, 19.00 Uhr, Zunfthaus, Thalkirchner Straße 76

Petition

Keine Auszeichnung für Diffamierungen!- Kein Freiheitspreis für Necla Kelek!

Keine Auszeichnung für Diffamierungen! - Kein Freiheitspreis für Necla Kelek!

Die FDP-nahe Naumann-Stiftung möchte im November den alljährlichen "Freiheitspreis" an die türkischstämmige Soziologin Necla Kelek verleihen. Necla Kelek tritt seit Jahren als so genannte Islamkritikerin in Erscheinung und hat bereits mehrere Bücher v.a. zum Thema "Frauen im Islam" verfasst. In ihren Publikationen und bei öffentlichen Auftritten bleibt es aber häufig nicht bei einfacher Kritik. Vielmehr sind beleidigende und in Teilen auch befremdliche Äußerungen die Regel. So hat sie kürzlich in einem Interview muslimischen Männern einen gesteigerten Sexualtrieb, der im schlimmsten Fall zu Sodomie führt, unterstellt. Eine Behauptung, die völlig an der Realität vorbei geht und für die es folglich auch keinen Beleg geben kann. Im gleichen Interview bezeichnet sie kopftuchtragende Frauen als "Islamic Bitches" (Islamische Schlampen) und belegt diese Frauen, die ohnehin schon stark von Diskriminierung betroffen sind, mit einer weiteren negativen Zuschreibung, die nur als Beleidigung empfunden werden kann.

Nacla Kelek sieht die Ursache für sozio-ökonomische Probleme wie Bildungsbenachteiligung, Arbeitslosigkeit, Kriminalität etc. bei ZuwanderInnen in der islamischen Religion, kann diese Bewertung jedoch nicht mit empirischen Belegen nachweisen und bleibt damit stets auf einer abstrakten Behauptungsebene. Während renommierte WissenschaftlerInnen die Ursachen auf Grundlage langjähriger Forschung und konkreten Daten eindeutig in der Sozialstruktur, der Geschichte der Zuwanderung und der sehr späten politischen Reaktion auf die Realität des Einwanderungslandes Deutschland verorten. Es ist also anzunehmen, dass die Wissenschaft mit ihren Erkenntnissen näher an der Realität liegt, als Necla Kelek mit ihren selektiven Beobachtungen und skandalisierenden Behauptungen.


Wir sind der Meinung, dass eine Person wie Necla Kelek, die pseudowissenschaftlichen Populismus betreibt und damit eher für Desintegration sorgt, als für Integration, eine Auszeichnung wie diese nicht verdient hat. Denn Freiheit kann nicht ohne Respekt und Achtung vor dem Anderen gedacht werden. Sie ist ein wertvolles Gut und kein Freifahrtschein für Beleidigungen. Dass die Jury der Naumann-Stiftung die Arbeit von Necla Kelek vor diesem Hintergrund mit dem Freiheitspreis auszeichnet, können wir in keinster Weise nachvollziehen.

AK Grüne MuslimInnen NRW
Hier kann sich jeder eintragen- auch anonym 

Mittwoch, 13. Oktober 2010

Integrationsdebatte

Hier ist ein schöner Artikel von Stefan Sasse, der auf den Seiten des Oeffinger Freidenker schreibt.
Sehr zu empfehlen- auch die Kommentare

Ganz ehrlich, ich kann es kaum beschreiben. Wie in den letzten kaum zwei Jahren eine Stimmung in diesem unserem Land entstanden ist, die den Aufschwung einer neuen und rapiden Ausländerfeindlichkeit markiert, ist beachtlich. Anfang der 1990er Jahre schrie alles Zeter und Mordio, als die Republikaner mit ihren Thesen von "Deutschland den Deutschen" in den Landtag Baden-Württemberg einzogen und nach einigen Demoskopen sogar Chancen auf den Bundestag hatten. Heute sind sie längst rechts überholt. "Wir brauchen keine Einwanderung aus fremden Kulturkreisen", hat Seehofer postuliert. Wenn man die offensichtliche Frage "Woher denn dann?" einmal beiseite lässt, dann muss einem doch auffallen, dass diese Phrase genausogut im Munde eines NPD-Politikers hätte liegen können, ohne das irgendjemandem auch nur das Geringste aufgefallen wäre. Dass die NPD verkündet hat, Sarrazin vertrete größtenteils ihre Positionen war nur ein Publicitygag, sicherlich. Doch leider ist es gleichzeitig schmerzhaft wahr. 


Ein neuer Fremdenhass hat sich in dieser Gesellschaft breit gemacht, der mit starkem Rückenwind fast des gesamten Mainstream-Journalismus von SZ bis FAZ zu BILD, Welt und Zeit mehrheitsfähig gemacht wurde. Das Zauberwort, das diesen Fremdenhass und den damit einhergehenden Rassismus möglich gemacht hat, ist "Integration". Wer sagt, die Ausländer hätten "sich zu integrieren", der sagt damit eigentlich nichts anderes als dass sie abhauen sollen, er drückt es nur anderes aus. Denn befragt man den Durchschnittsbürger nach seinen Vorstellungen von Integration wird schnell klar, dass diese letztlich überhaupt nicht zu bewerkstelligen ist. Der Migrant - und machen wir uns nichts vor, das ist nur das neuen politisch korrekte Wort für "Ausländer", das sich im Zeichen des neuen Rassismus sogar standardmäßig auf jene Migranten erstreckt, die einen deutschen Pass haben - darf effektiv nicht zu sehen sein, nicht bemerkt werden, dann wäre er "integriert". Das aber ist vollkommener Quatsch.

Ich habe meine grundsätzlichen Überlegungen zur Integrationsdebatte bereits dargelegt. Was mich so anwidert und was ich für so gefährlich halte ist diese Doppelbödigkeit der Hetze, die inzwischen im Namen Sarrazins und der Integration betrieben wird. Dieses beständige "Sarrazin hat ja Recht, er formuliert nur blöd" zeigt deutlich einen Schutzmechanismus, den der brave Bürger - und auch genügend Journalisten - seit Jahrzehnten gerne verwendet: er versteckt seine Ansichten hinter jemand anderem. Praktisch niemand weiß, was Sarrazin wirklich gesagt hat, das ist mir immer wieder aufgefallen. Stattdessen behauptet jeder, dass er gesagt habe, was man selbst als fremdenfeindliche Thesen vertritt. Das wirkt wie ein Testballon. Man kann so Sarrazin vorschieben, und wenn der Gegenüber negativ reagiert war es er und nicht ich, der das gesagt hat. Sarrazin wird so zum Schild, der allerdings wegen des breiten Konsenses dieses neuen Fremdenhasses immer überflüssiger wird. Er degeneriert zum Chiffre. 

Die Gesellschaft wird durch diesen neuen Rassismus, diese neue Fremdenfeindlichkeit vollkommen gespalten. Es befinden sich zahllose Muslime im Land! Diese haben ein grundgesetzlich garantiertes Recht auf Ausübung ihres Glaubens! Die CDU ist örtlich so weit gegangen, Geert Wilders einzuladen, der die Theorie vertritt dass ein Muslim die Hälfte der Seiten des Koran ausreißen müsse um zu beweisen, dass er in die niederländische Gesellschaft integriert werden könne. Eine solche Sicht ist bei uns bereits weit verbreitet. Das Ausschließen dieser Menschen, das absurderweise mit der verschärften Forderung nach "Integration" verbunden ist, wird Deutschland und unsere Gesellschaft noch teuer zu stehen kommen. "Integration" ist eine Idee, die kaum sechs, sieben Jahre alt ist, und sie ist bereits vollkommen pervertiert, zu einem politischen Kampfbegriff verkommen. Selbst die SPD gibt sich dieser neuen Form des Rassismus hin, wohl in der Angst, Wähler zu verlieren, und die CDU hat es schon immer als ihr Kernthema ausgemacht, rechte Thesen bügerlich zu präsentieren. Ein Zusammenleben aber wird so nie entschieden. Die neue Integrationstheorie, wie sie von den heutigen Meinungsführern vertreten wird, ist eine negative, ausgrenzende. Sie erklärt ständig, warum man nicht dazugehört, bleibt es aber schuldig zu erklären, wann man denn dazugehöre. Dass unter diesen Auspizien noch so viele Muslime in Deutschland so geduldig und friedlich sind ist das eigentliche Wunder. Sie hätten allen Grund, sauer zu sein, und ich fürchte, dass die gefährliche Hetze bald zu einer self-fulfilling-prophecy wird.

Für den Artikel gilt die Piratenlizenz